Im Verkaufsprozess geht es stets um: Zahlen, Daten, Fakten und Emotionen. Womöglich führt der letzte Punkt der Aufzählung zu Irritationen. Denn nur selten werden Emotionen berücksichtigt, wenn es um die Thematik des Verkaufs geht: zu Unrecht. Mit dem Wissen, dass sich hinter einer jeden Kaufentscheidung von Kundinnen und Kunden eine Emotion verbirgt, die sie auslöst, wäre die Aufzählung ohne die Nennung ebendieser daher unvollständig. Der Mensch ist in der Lage Emotionen in der Mimik zu erkennen. Das Wahrnehmen der Mimik setzt voraus, dass das Gesicht des Gegenübers betrachtet werden kann.

 

Die Maske im Einzelhandel

Im dritten Jahre der Corona-Pandemie ist die medizinische Maske zum alltäglichen Begleiter geworden. In den verschiedensten Kontexten ist es inzwischen zu etwas Selbstverständlichem geworden, eine Maske zu tragen. Mit der Folge, dass ein entscheidender Teil des Gesichtes, nämlich die Mundpartie, hiervon bedeckt wird. Aus aktuellem Anlass stellt sich deshalb die Frage, ob das Tragen einer medizinischen Maske die Möglichkeit der Wahrnehmung von Emotionen der Kundinnen und Kunden beeinträchtigt oder es womöglich sogar förderlich ist, deren Emotionen tendenziell besser wahrzunehmen.

 

Emotionen Trotz Maske erkennen

Anhand des Beispiels der Emotion Freude soll kurz erörtert werden, wie sich das Tragen einer medizinischen Maske auf die Wahrnehmung der Emotion auswirkt. Grundsätzlich wird die Emotion Freude in zwei unterschiedliche Varianten des Lächelns unterschieden: die wahre Freude und das Höflichkeitslächeln.

 

Der Ausdruck wahrer Freude

Hinter der wahren Freude verbirgt sich das emotionale Lächeln, das nicht gesteuert oder beeinflusst werden kann, da es Ausdruck einer echten Emotion ist. Das limbische System, das mit meiner Gesichtsmuskulatur verbunden ist, löst dieses Lächeln aus. Gut sichtbar wird dies daran, dass die Augen förmlich mit lachen (siehe Bild). Das beidseitige Hochziehen der Mundwinkel, dass das eigentliche Lächeln formt, ist allein kein verlässliches Zeichen für wahre Freude. Das Höflichkeitslächeln meint das soziale Lächeln, das hingegen ohne das Erleben von Freude aufgesetzt wird und nach außen hin versucht freudig berührt zu wirken. Häufig verdeckt die soziale Freude eine andere Emotion, die zuvor zwar gespürt worden ist, aber nicht gezeigt und deshalb versteckt werden soll. Da es eben kein Ausdruck wahrer Freude ist, zeigt es sich eben auch nicht an den Augen des Menschen. Das heißt, dass das Höflichkeitslächeln ausschließlich an der Mundpartie erkannt werden kann.

 

Lächeln ist nicht gleich lächeln

Angenommen, im Rahmen eines Verkaufs- oder Vertriebsgesprächs wird die Frage nach dem Budget gestellt. Nachdem die Kundin oder der Kunde hierauf keine Antwort gibt, wird eine ungefähre Preisspanne genannt. Hiernach ist bei der Kundin oder dem Kunden die wahre, emotional ausgelöste Freude, gut sichtbar an der Veränderung der Augenpartie, zu beobachten. Dies kann als starkes Kaufsignal gedeutet werden. Denn, jegliche Emotionen, die einen Menschen antreiben – wie in dem Beispiel die Emotion Freude – hat einen Auslöser bzw. einen Trigger sowie ein hierhinter stehendes Bedürfnis. Der Auslöser der Emotion Freude ist ausnahmslos die Bedürfnisbefriedigung oder die Wunscherfüllung. Das Bedürfnis, das hinter der Emotion Freude steht und hierdurch gestillt wird, kann bzw. der Wunsch nach Kooperation oder Zusammenarbeit sein.

Emotional ausgelöste Freude

Emotional ausgelöste Freude

Neutrale Augen (Baseline)

Neutrale Augen (Mimisches Standardverhalten, bzw. neutrales mimisches Verhalten, die sogenannte Baseline)

 

Gläserne Kunden

In der Realität ist es selten so, dass Kundinnen und Kunden im Verkaufs- oder Vertriebsgespräch diese wahre Freude direkt artikulieren und sagen, dass die genannte Preisspanne deren Vorstellungen entspricht. Seltenst werden die Karten so offen auf den Tisch präsentiert; zumindest nicht bewusst. Der Vorteil ist aber, dass die Wahrheit stets in der Mimik von Kundinnen und Kunden abzulesen ist.

 

Veränderungen im Bruchteil einer Sekunde erkennen

Sieben Emotionen (Freude, Ekel, Verachtung, Ärger, Überraschung, Angst sowie Trauer) werden in der Mimik unbewusst durch das limbische System im Gehirn gesteuert und für den Bruchteil einer Sekunde, nämlich für maximal 40 bis 100 Millisekunden, in der Mimik gezeigt. Zum Vergleich: ein Augenblinzeln dauert ca. 2 bis 300 Millisekunden. Das Gehirn signalisiert der Mimik Freude, die Muskulatur sendet diese Information zurück an das Gehirn, wo dann (unbewusst) entschieden wird, ob diese Emotion gezeigt werden soll. Es ist unmöglich zu trainieren, Emotionen zu unterdrücken.

 

Pokern ist überflüssig – die Wahrheit sehen

Um womöglich einen noch günstigeren Preis zu erzielen, werden Kundinnen und Kunden wahrscheinlich nicht signalisieren wollen, dass sie bereits mit dem Budget einverstanden sind. Sie werden daher mit allen Mitteln versuchen, keine Freude, über das entgegengebrachte Angebot, zu zeigen. Trotz dessen ist die Freude für einen Bruchteil von einer Sekunde in der Mimik der Kundinnen und Kunden sichtbar und verrät die Wahrheit.

 

Wie ist es mit der Emotion Ärger?

Ebenso verhält es sich bei der Emotion Ärger. Auch diese ist gut in der Mimik von Kundinnen und Kunden wahrzunehmen: die Augenbraueninnenseiten werden zusammengezogen, das untere Augenlid ist dabei angespannt (siehe Bild Ärger). Für einen Bruchteil einer Sekunde wird dieses starke Einwandsignal gezeigt, bevor es dann häufig versucht wird zu maskieren, indem das soziale Lächeln, das Höflichkeitslächeln, aufgesetzt wird. Mit dem höflichen Lächeln wird der zuvor gezeigte Ärger maskiert. Der Prozess läuft ebenfalls unbewusst und automatisch im Gehirn ab.

Ärger vs. Baseline

Mimisches Standardverhalten, bzw. neutrales mimisches Verhalten, die sogenannte Baseline

 

Die Emotion Ärger

Die Emotion Ärger

 

Einwände von Kunden

Zurückzukommen auf das Beispiel des Verkaufs- oder Vertriebsgespräch: Zeigt die Kundin oder der Kunde nach Äußerung der angebotenen Preisspanne Ärger, so stellt dies ein starkes Einwandsignal dar. Dies gilt es in jedem Falle aus dem Weg zu räumen. Denn Kundinnen und Kunden kaufen nicht bei einer Person, die sie verärgert. Sofern der wahrgenommene Ärger der Kunden oder das Kunden empathisch angesprochen wird, hilft es dabei das Vertrauen des Gegenübers zu gewinnen. Es wird Verständnis und Wertschätzung signalisiert. Zudem ermöglicht es, dass Kundinnen und Kunden den Grund nennen, warum sie diese Emotion gezeigt haben. Sollte die angebotene Preisspanne beispielsweise zu hoch gewesen sein, könnte gemeinschaftlich ein Budget ausgehandelt werden, welches für beide Parteien vorstellbar ist.

 

Ärger erfolgreich aus dem Weg räumen

Voraussetzung für einen erfolgreichen Verkaufsabschluss ist eine emotional intelligente Fragetechnik. Es sollten Sätze vermieden werden wie: „Schauen Sie, ich habe neulich einen Artikel gelesen und weiß daher durch Zufall wie die Emotion Ärger aussieht. Diese habe ich gerade in ihrer Mimik gesehen.“ Erfolgreicher und zielführender sind Sätze wie: „Liebe Kunden/ lieber Kunde, ich habe das Gefühl, dass es sich für Sie nicht gut anfühlt, wenn wir über die Höhe Ihrer möglichen Investitionen sprechen. Gibt es etwas, worüber wir sprechen dürfen?“ Ungeachtet der Reaktion des Gegenübers hilft die Frage dabei, den Ärger in dem Moment zu minimieren. Wissenschaftlich belegt ist, das durch das Ansprechen von Ärger das limbische System stimuliert wird und die Stärke der Emotion reduziert wird.

 

Was Kunden wirklich wollen

Kundinnen und Kunden wollen in einem Verkaufs- oder Vertriebsgespräch verstanden werden und das perfekte auf sie zugeschnittene Produkt angeboten bekommen. Dies setzt voraus, das über Emotionen gesprochen wird, damit einer positiven Kaufentscheidung nichts mehr im Wege steht. Deutsche Kundinnen und Kunden benennen in über 90% der Situationen ihre Einwände nicht. Sind Personen im Verkauf und Vertrieb jedoch in der Lage, die Mimik ihrer Kundinnen und Kunden zu lesen und die verspürten Einwände empathisch anzusprechen, zu beheben und zu lösen, wird dies zur Folge haben, dass die Zahl der Verkaufsabschlüsse deutlich steigen werden. Letztendlich kaufen Kundinnen und Kunden immer dort, wo sie sich verstanden und am besten aufgehoben fühlen. Dabei spielt der Preis in der Regel eine untergeordnete Rolle.

 

Ein Dankeschön an die Maske, auch wenns schwer fällt

So lästig das Tragen der Masken im Alltag auch sein mag, so hilfreich bzw. unterstützend sind sie bei der Wahrnehmung von Emotionen von Kundinnen und Kunden im Verkaufs- oder Vertriebsgespräch. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass durch das Tragen einer medizinischen Maske der Fokus auf den Augenbereich des Gegenübers gelenkt wird, sodass wahre Emotionen leichter erkannt werden können. Außerdem ist es hierdurch leichter, diese von gespielten oder aufgesetzten Emotionen zu unterscheiden.

 

Das sollten Sie über die Emotion Ärger noch wissen!

Wichtig bei der Emotion Ärger ist es, sich von seinem gegenüber das mimische Standardverhalten einzuprägen. Im Alltag begegne ich oft Menschen, die, wenn Sie mir zuhören oder etwas erzählen, häufig die Augenbrauen zusammenziehen. Dies kann auch ein Zeichen für eine hohe kognitive Ladung sein (Konzentration) und muss dann nicht generell Ärger bedeuten. Jedoch ist es so, dass das zusammenziehen der Augenbrauen in Verbindung mit der Anspannung des unteren Augenlides ist immer Ärger bedeutet. Bei dem so genannten angestrengt im Blick oder dem konzentrierten zuhören kann es häufig sein, dass es das männliche Standardverhalten ist. Zum Beispiel geht es mir genauso, wenn ich meinem gegenüber angestrengt zu höre oder auch etwas angestrengt erklären muss, ziehe ich dabei meine Augenbrauen zusammen und wirke dadurch eventuell auf mein gegenüber verärgert. Darum spreche ich es bei meinem gegenüber immer an, dass die Person bitte nicht denken soll, dass ich verärgert bin weil ich meine Augenbrauen zusammen Zier, sondern es lediglich ein Zeichen dafür ist, dass ich angestrengt nachdenke, oder angestrengt Zuhörer und dabei schon Denkprozesse beginnen. Dadurch habe ich den Vorteil, dass mein gegenüber nicht denkt, dass ich keine Lust auf das Gespräch habe oder desinteressiert bin oder auch tatsächlich genervt. Dies hilft mir also im Alltag zweierlei, sowie in meiner eigenen Körper Sprache als auch in der Körpersprache meines Gegenübers.