Als ich heute in der Internetrecherche nach dem Suchbegriff Körpersprache im Verkauf und Vertrieb gesucht habe, bin ich über folgende Aussage gestoßen: das Verschränken der Arme bedeutete immer Distanzierung oder Ablehnung von Kundinnen und Kunden. Zudem wurde die These aufgestellt, dass diese Körperhaltung stets Verschlossenheit des Gegenübers signalisierte. Es wurde von einer Vielzahl an Autorinnen und Autoren explizit davon abgeraten, dass Menschen im Verkauf oder Vertrieb diese Körperhaltung, also das Verschränken der Arme, in ihrer eigenen Körpersprache nutzten.
Haben Sie sich einmal die Frage gestellt, warum Sie das Verschränken der Arme bei Ihrem Gegenüber als abgewandt und verschlossen erleben, obwohl Sie selbst diese Körperhaltung als gemütlich und angenehm empfinden? Ihre eigene Wahrnehmung deckt sich womöglich mit den Erkenntnissen von Forscherinnen und Forschern, die wissenschaftlich belegt haben, dass das Verschränken der Arme von Menschen übergeordnet als Abschottung wahrgenommen werde, wodurch das Gegenüber zwischenmenschlich kühl wirken könne. Dies wiederum implementiere eine geringe Fähigkeit des empathischen Einfühlens. (Smith-Hanen, 1977).
Mit Blick darauf, in welchen Situationen ich selbst meine Arme verschränke, fallen mir verschiedenste Situationen oder Anlässe ein. Beispielsweise verschränke ich meine Arme, wenn ich in einem Gespräch angestrengt zuhöre. Wenn Sie nun daraus ableiten, dass ich stets angestrengt bin, wenn ich diese Körperhaltung einnehme, so liegen Sie mit Ihrer Vermutung falsch. Denn auch ohne jegliche Form der Anstrengung nehme ich diese Körperhaltung ein, da ich so eine für mich gemütliche und angenehme Körperhaltung finde. Genauso gut könnte ich meine Hände in dieser Situation in meine Hosentaschen stecken. Da dies gesellschaftlich in einem Gespräch aber als unhöflich betrachtet wird, verschränke ich dann lieber meine Arme. Denkbar ist auch, dass ich mich auf einem Stuhl ohne Armlehne wohler fühle, wenn ich meine Arme vor meinem Oberkörper verschränke, als dass ich sie an meinem Körper locker herunterbaumeln lasse. An dieser Stelle könnte ich viele weitere Situationen beschreiben.
Versuchen Sie in einem Verkaufs- oder Vertriebsgespräch permanent Ihre eigene Körpersprache zu kontrollieren oder gar zu verändern, so wird sich dies einerseits auf Ihre Konzentrations- bzw. Aufnahmefähigkeit und anderseits auf Ihren Fokus im Gespräch auswirken. Sie werden dann mit sich selbst beschäftigt sein und Ihre Kundinnen und Kunden mit ihren oder seinen Bedürfnissen und Wünschen aus dem Blick verlieren. Im schlimmsten Falle erleben Sie hierbei sogar Stress; kurz um, Sie fühlen sich unwohl. Dies wiederum wird nicht unbemerkt bleiben, denn Ihre eigene Körpersprache wird Ihrem Gegenüber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Ihr Unwohlsein verraten.
Die fehlende Fokussierung auf Ihre Kundinnen und Kunden kann zur Folge haben, dass Sie ihre oder seine mimischen Warn-, Einwand- und oder Wunschsignale (Sales-Signs) nicht oder erst verspätet wahrnehmen und deshalb den Moment verpassen, hierauf adäquat einzugehen und Ihre Kundinnen und Kunden mit ihren oder seinen Bedürfnissen und Wünschen abzuholen. Damit behindern bzw. riskieren Sie den Vertrauensaufbau Ihrer Kundinnen und Kunden in Sie bzw. in Ihr Unternehmen, was sich wiederum negativ auf die Entwicklung von Loyalität, die Kundenzufriedenheit sowie maßgeblich auf die Kaufentscheidung auswirken wird.
Jeder Mensch verfügt über körpersprachliche Standardverhalten, die sogenannte Baseline. Im Kontext der nonverbalen Kommunikation meint die Baseline das Verhalten, welches ein Mensch in einer entspannten Situation, also in Ruhe, zu einem neutralen Thema zeigt. Um die Körpersprache Ihrer Kundinnen und Kunden richtig deuten und entschlüsseln zu können, ist es deshalb entscheidend, dass Sie während des Verkaufs- oder Vertriebsgesprächs jegliche Abweichung der Körpersprache von ihrer oder seiner Baseline wahrnehmen. Das ermöglicht Ihnen Warn-, Einwand- und oder Wunschsignale frühzeitig zu erkennen.
Über 90 % der Einwände von Kundinnen und Kunden, welche in Form von Gefühlen oder Gedanken auftreten und durch den Ausdruck von Emotionen auf unterschiedlichen körpersprachlichen Kanälen sichtbar werden, bleiben in einem Verkaufs- oder Vertriebsgespräch unausgesprochen. Obwohl diese Einwände nicht konkret durch Ihre Kundinnen und Kunden artikuliert werden, haben Sie dennoch die Möglichkeit diese nonverbalen Einwände bewusst und gezielt im Gespräch wahrzunehmen, damit sie einem positiven Kaufabschluss nicht im Wege stehen und Sie hierdurch das Gespräch verkaufsfordernd lenken können. Die eben angesprochenen Kanäle möchte ich nachfolgend kurz skizzieren.
Um körpersprachliche Veränderungen der Baseline Ihrer Kundinnen und Kunden ganzheitlich lesen zu können, gibt es insgesamt acht Kanäle, über die Sie diese Veränderungen mit ein wenig Übung erfassen können: 1. Mimik, 2. Kopfhaltung, 3. Gestik, 4. Fuß- und Beinverhalten, 5. Körperhaltung, 6. Psychophysiologie, 7. Stimme, 8. interpersonelles Bewegungsverhalten. Ziel der Analyse der Körpersprache Ihrer Kundinnen und Kunden im Verkaufs- oder Vertriebsgespräch sollte stets sein, dass Sie Veränderungen der Körpersprache auf mehreren Kanälen zeitgleich wahrnehmen. So ist es beispielsweise bei der Emotion Ekel wichtig, dass Sie zusätzlich die Mimik Ihrer Kundinnen und Kunden betrachten. Das meint, dass Sie aufmerksam beobachten sollten, ob zeitgleich die Oberlippe hochgezogen oder die Nase gerümpft wird. Denn nur in der Kombination mit diesen mimischen Signalen können Sie mit Sicherheit die Emotion Ekel erkennen.
Nehmen Sie bei Ihrer Kundinnen und Kunden einen Einwand in Form einer Emotion in der Körpersprache oder in der Mimik wahr, so ist es entscheidend, diese beobachtete Emotion empathisch und emotional intelligent zu benennen und anzusprechen. Denn Sie können zwar vermuten, wodurch eine Emotion ausgelöst worden ist, aber Sie können ohne die Bestätigung Ihres Gegenübers nicht mit Sicherheit sagen, dass Sie die tatsächliche Bedeutung der Emotion und dessen Ursprung erfasst haben; denn unter Umständen liegen Sie mit Ihrer Interpretation falsch. Ein nicht angesprochener Einwand wird sich negativ auf die Kaufentscheidung auswirken. Räumen Sie diesen deshalb aus, damit er einem positivem Kaufabschluss nicht im Wege steht.
Blicken wir gemeinsam auf die unterschiedlichen Motive, die Menschen dazu verleiten ihre Arme zu verschränken. Wie so häufig steckt auch hier der Unterschied im Detail:
- Das Verschränken der Arme kann während eines Verkaufs- oder Vertriebsgesprächs als Ausdruck einer submissiven (lat. submittere; sich unterwerfen) und oder einer defensiven ( dēfendere; sich verteidigen) Körperhaltung vorkommen. Hierbei zieht sich Ihr Gegenüber äußerlich sowie innerlich aus dem Gespräch zurück (Fetterman et al., 2015).
- Bei der Emotion Stolz zeigen Kundinnen und Kunden gleichermaßen diese Körperhaltung. Dieses Verschränken der Arme wird verwendet, um Überlegenheit im Sinne einer Fokussierung auf uns selbst und die eigene Stärke zu signalisieren (Tracy & Robins, 2007).
- Ebenfalls können Sie das Verschränken der Arme bei Ihren Kundinnen und Kunden in Momenten beobachten, in denen sie über eine hohe kognitive Ladung (Konzentration) verfügen oder es ihrerseits beim Lösen von anspruchsvollen Aufgabenstellungen zu einer starken kognitiven Fokussierung kommt (Friedman & Elliot, 2008).
- Die Emotion Ekel kann Kundinnen und Kunden ebenfalls dazu veranlassen, dass sie diese Körperhaltung einnehmen. Dieses Verschränken der Arme in Kombination mit der Emotion Ekel weißt in jedem Falle auf Ablehnung und Dessinteresse Ihres Gegenübers hin, die durch die innere Distanzierung zustande kommen und Abschottung ausdrückt (Grammer, 1990; Wallbot 1998).
Kurz um: Das Verschränken der Arme kann, aber bedeutet nicht zwangsläufig Distanzierung oder Ablehnung. Vielmehr ist es eine mögliche Interpretation von verschiedenen Motiven, in denen Kundinnen und Kunden Ihnen diese Körperhaltung in einem Verkaufs- oder Vertriebsgespräch zeigen können. Der Abgleich mit dem körpersprachlichen Standardverhalten, der Baseline, Ihrer Kundinnen und Kunden ist hierbei entscheidend. Zusätzlich ist der Kontext zu berücksichtigen, indem Sie sich befinden, sowie die verschiedenen körpersprachlichen Kanäle.
Ich empfehle Ihnen, dass Sie Ihre Kundinnen und Kunden in einem Verkaufs- oder Vertriebsgespräch über diesen Mythos aufklären und hierüber offen ins Gespräch gehen. Daneben möchte ich Sie dazu anregen, dass Sie Ihre eigene Körpersprache in zukünftigen Verkaufs- oder Vertriebsgesprächen verstärkt selbst wahrnehmen und oder Sie Dritte darum bitten, Ihnen Ihre eigene Körpersprache zu spiegeln. Machen Sie es sich zur Aufgabe, Ihre eigene Baseline zu erkennen und arbeiten Sie hiermit im nächsten Schritt. Teilen Sie mit, dass es Ihnen von großer Bedeutung ist, dass Ihr Gegenüber nicht denkt, dass Sie distanziert oder vielleicht sogar desinteressiert sind, wenn Sie Ihre Arme verschränken; denn genau das Gegenteil ist der Fall. Dadurch zeigen Sie Authentizität, Offenheit und zusätzlich echtes Interesse an Ihren Kundinnen und Kunden und deren Vorhaben. Zusätzlich stärkt dies das Vertrauen und führt zu einem besseren Bauchgefühl bei Ihren Kundinnen und Kunden. Letztlich ist es aber vor allem eins: Ausdruck Ihrer professionellen Haltung. Selbstredend wird dies Ihrem Gegenüber angenehm auffallen, denn Sie zeigen damit, dass Sie „um die Ecke denken“ können. Das wiederum wünschen sich Ihre Kundinnen und Kunden. Seien sie mutig, anders als alle Anderen zu sein, aber seien Sie vor allem angenehm auffällig.
Eingangs erwähnte ich, dass ich nach dem Suchbegriff Körpersache im Verkauf und Vertrieb im Internet recherchiert habe. Sie haben sich vielleicht die Frage gestellt, warum ich dies überhaupt getan habe. Gern gebe ich Ihnen hierauf eine Antwort:
In den Seminaren, bzw. in den Verkaufs- und Vertriebstrainings, die ich gebe, frage ich meine Teilnehmenden gern nach genau diesem Mythos. Also, wie sie das Verschränken der Arme selbst empfinden und womit sie diese Körperhaltung bei sich und ihrem Gegenüber verknüpfen. Nahezu alle Teilnehmenden geben an, dass diese Körperhaltung für sie mit Distanzierung und oder Ablehnung verknüpft ist. Auf Nachfrage, worauf diese Einschätzung beruht und woher sie dieses vermeintliche Wissen nehmen, wird zumeist an mich herangetragen, dass sie ihre Annahme mit Aussagen aus dem Internet begründen.
Mit meinen Wissen um den Mythos der Bedeutung der verschränkten Arme, das ich in diesem Artikel mit Ihnen geteilt habe, und meiner Irritation darüber, dass unterschiedlichste Teilnehmende das Internet als Ursprung ihres Wissens angaben, hat dies mein Interesse geweckt und ich habe die Probe aufs Exempel gemacht. Durch meine Recherche habe ich verstanden, warum die Teilnehmenden ihre Äußerung so getroffen haben: Wiederholt wurde im Internet, auf den verschiedensten Seiten, diese These von Menschen aufgestellt. Blickt man nun auf die Herkunft bzw. Quelle der Behauptungen, ist diese häufig nicht wissenschaftlich belegt, sondern beruht vielmehr auf persönliche Empfindungen und Annahmen.
Mir ist es ein großes Anliegen, dass ich den Teilnehmenden im Rahmen meiner Seminare und oder Verkaufs- und Vertriebstrainings nicht das vermeintliche Alltagswissen von einzelnen Menschen weitergebe, sondern meine Trainingsinhalte, sowie auch die Inhalte dieses Artikels, mit einem wissenschaftlichen Fundament untermauere und sie mit seriösen Quellen belegt sind. Zudem stelle ich wiederkehrend einen Praxisbezug zu meiner Berufserfahrung aus über zwanzig Jahren im Verkauf und Vertrieb her.
Die Fähigkeit zur Deutung der Körpersprache ist ein entscheidendes Werkzeug im Verkauf und Vertrieb, um das Vertrauen von Kundinnen und Kunden zu gewinnen und selbst professionell und souverän mit der eigenen Körpersprache aufzutreten. Wenn Sie mehr über das Thema Körpersprache im Verkauf und Vertrieb wissen wollen, so möchte ich Ihnen hiermit mein aktuelles Buch ans Herz legen: Mit Empathie verkaufen. Emotionale Intelligenz als Salescode – so finden Sie den besten Zugang zum Kunden (Springer & Gabler 2021).
In diesem Buch gebe ich Ihnen einen umfassenden Einblick in den Bereichen der Körpersprache und setze diesen in Bezug zur Verkaufs- und Motivationspsychologie, dem Bauchgefühl, der Intuition, der Empathie im Verkauf und Vertrieb sowie den Sales-Signs (mimischen Warn- Einwand- und Wunschsignale). Um dies zu veranschaulichen, stelle ich Ihnen praxisbezogene Tipps zur Verfügung. Sie werden lernen, wie Sie das theoretische Wissen gezielt einsetzen können, um empathisch auf Ihre Kundinnen und Kunden einzugehen. Das wiederum wird zur Folge haben, dass Sie die Kaufentscheidungen Ihrer Kundinnen und Kunden positiv beeinflussen und Sie somit Ihre eigenen Absatzquoten steigern werden. Dabei ist mir wichtig zu betonen, dass es mir stets darum geht Kundinnen und Kunden nicht zu manipulieren, sondern sie zu verstehen. Mein Motto ist: Verstehen kommt eben immer vor verstanden werden!
Weitere Informationen zu meinem Buch finden Sie hier: https://mitempathieverkaufen.de.
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