Ein resonanter Führungsstil verbindet auch agile Teams

„C-Level-Leader unterscheiden sich nur noch minimal graduell in ihren kognitiven und intellektuellen Kompetenzen. Den entscheidenden Unterschied findet man auf der emotionalen Ebene, so der Wirtschaftspsychologe Daniel Goleman“

Emotionale Intelligenz als Säule von Führung 4.0

Aktuell verändert sich Führung massiv, das steht außer Frage. Was bisher ein streng hierarchisches und geschlossenes System war, ist nun vernetzt und offen. Die zu führenden Teams/Einheiten sind vielfach non-lokal und nicht zwingend in eine Unternehmenshierarchie eingeordnet. Das zwingt den Führenden sich zu öffnen und agiler zu handeln.

Die Sicherheit der unternehmensinternen Hierarchie fällt vielfach weg. An ihre Stelle tritt die Vernetzung, in der die Sichtbarkeit eine Rolle spielt. Für Führungskräfte der alten Schule oft ein unliebsames Szenario.

Die raschen Veränderungszyklen der Digitalisierung verunsichern Mitarbeiter und destabilisieren Teams.

Spätestens hier kommt die emotionale Intelligenz ins Spiel. Sie ist kein neues Instrument, gewinnt in der Digitalisierungsära jedoch an Bedeutung und ist eine wichtige Säule von Führung 4.0.

Resonante und dissonante Führung

Schon in den 90er Jahren hat Daniel Goleman gezeigt, dass die emotionale Intelligenz das ursprünglichste und wichtigste Element von Führung ist. Er unterscheidet den dissonanten und den resonanten Führungstyp.

Der resonant Führende erzeugt automatisch positive Resonanz bei seinen Leuten. Der dissonante Typ laugt sie aus und vertreibt sie.

Grundsätzlich passen sich die Mitarbeiter im direkten Umfeld der emotionalen Führung des Führenden an. Die Ursache dafür sitzt im limbischen System. Das ist der Teil des Gehirns in welchem Emotionen verarbeitet werden. Das limbische System ist eine offene Schleife damit sich Menschen gegenseitig emotional unterstützen. Es hat sich evolutionsgeschichtlich durchgesetzt und ist immer noch gültig.

Emotionale Intelligenz verbessert Geschäftsergebnisse

Werden wir konkret: Schafft die Führung ein positives Klima, dann kann das einen Unterschied von 20-30% in den Geschäftsergebnissen ausmachen! Das ist Golemans Fazit nachdem er hunderte Unternehmen durchleuchtet hat und unzählige Studien auswertete.

Der Pharmakonzern Sanofi-Aventis hat folgendes herausgefunden: Verkäufer wurden in emotionaler Intelligenz geschult, eine Vergleichsgruppe hat dieses Training nicht erhalten. Die emotional intelligente Gruppe erzielte 12% mehr Umsatz.

Das sind inspirierende Zahlen. Setzen Sie die ruhig in Relation zu Ihren jährlichen Umsatzprognosen.

Emotional führen in volatilen Zeiten

In beeindruckender Synchronizität haben wir nun zwei vergleichbar offene Systeme: das limbische System als Hardware und den neuen Führungsstil als Software.

Im offenen System und in volatilen Zeiten ist es schwieriger ein Team fokussiert zu halten. Mit emotionaler Intelligenz schafft es die Führungskraft emotionale Verwerfungen zu neutralisieren und einen Raum für positive Emotionen zu öffnen.

Gemäß Erkenntnissen aus der Hirnforschung folgen die Teilnehmer in ihrer Emotionalität dem Mitglied der Gruppe, das seine positiven Emotionen expressiv ausdrückt. Leader nutzen diesen Effekt bewusst.

In einem solchen positiven Klima sind Menschen bereit gemeinsam Dinge zu tun, die ein Einzelner nicht tun würde oder tun könnte. Eine emotional intelligente Führungskraft kann diesen Effekt auch in einem agilen Team herstellen.

EQ wichtiger als IQ

Kognitive Intelligenz (IQ) kann man nicht entwickeln. Emotionale Intelligenz (*EQ) dagegen kann trainiert werden. Und es lohnt sich.

Goleman fand bei seinen Studien heraus, dass für Führungskräfte die emotionale Intelligenz wichtiger ist als der IQ, um individuelle Ressourcen bei Mitarbeitern zu fördern. Dies sind die vier Führungskompetenzen: Selbstwahrnehmung, Selbstmanagement, soziales Bewusstsein (Empathie), Beziehungsmanagement.

Übrigens speichert das Gehirn neue Informationen besser, wenn sie mit positiven Gefühlen gekoppelt sind.

96% der Deutschen sagen übrigens, dass emotionale Intelligenz einen höheren Stellenwert hat für sie, als der IQ. EQ schlägt also IQ!

Emotionale Suchtmuster

Doch das ist noch nicht alles. Es gibt wichtige neue Erkenntnisse in der Emotionsforschung.
Die gute Nachricht ist, dass sich positive Emotionen wie Viren ausbreiten und man damit leichter in Resonanz geht. Das nennt man Spiegelung.

Die schlechte Nachricht ist, dass die emotionale Prägung wie eine physische Sucht funktioniert. Der Körper ist süchtig nach der gewohnten Biochemie, denn jedes Gefühl schwemmt Neurotransmitter und Neuropeptide in den Stoffwechsel. Genau genommen ist unser Körper eine proteinproduzierende Fabrik.

Die klassische emotionale Produktpalette wird während der Prägungsphase in den ersten Lebensjahren angelegt. Das generiert den emotionalen Autopilot, der unser Verhalten aus dem Unterbewusstsein heraus steuert.

Ein biologisches Grundprinzip – die Homöostase – sorgt dafür, dass im Stoffwechsel das Gleichgewicht aufrechterhalten bleibt. Deshalb fällt es uns so schwer uns zu verändern. Biochemisch gesehen sind wir in der Vergangenheit fixiert. Dazu kommt, dass wir immer auf Basis bisheriger Erfahrungen hochrechnen was geschehen wird. Darauf reagieren wir immer gleich. Die zu erwartenden Ergebnisse sind also von der Vergangenheit höchst emotional geprägt.

Wir alle kennen Meetings und Gespräche, in denen immer wieder dieselben Dialoge abgespult werden. Ich nenne das emotionales Ping-Pong mit immer demselben Ergebnis.

Emotionale Intelligenz als Fundament des Change-Managements

Wie gelingt die Veränderung emotionaler Muster gegen den Widerstand der Physiologie? Gemäß dem Neuroforscher Dr. Joe Dispenza müssen wir wieder die Kontrolle über den Körper übernehmen. Der Körper – also die Biochemie – gebärdet sich wie ein wildgewordenes Pferd. Wir müssen die Zügel in die Hand nehmen und lernen in jeder Situation die volle Kontrolle über die Emotionen zu erlangen. Das erfordert Training, Willenskraft und Fokus.

Und es gibt eine große Falle: es geht nicht darum nichts mehr zu fühlen! Die emotionale Verdrängung ist hier nicht gemeint, denn diese macht krank. Es geht darum mich selbst und andere zu führen indem ich jederzeit und unter allen Umständen positive Emotionen erzeugen kann.

Dafür gibt es eine breite Palette von Atemübungen und Neurotechniken, die ich in Workshops und Coachings nutze. Die Teilnehmer können dann Emotionen rasch und ohne großen Aufwand ausbalancieren und so die emotionale Führung wieder übernehmen.

Eine zentrale Rolle hat das Herz – es ist der wahre Sitz der Intelligenz. Das haben die fast dreißigjährigen Forschungen der Institute ergeben. Das Herz hat ein noch mächtigeres elektromagnetisches Feld als das Gehirn. Beide kommunizieren permanent und wir haben über dieses Feld Einfluss auf andere Menschen.

Fazit

Die Digitalisierung bringt uns KI, Robotik, das Internet der Dinge und vieles mehr. Was unterscheidet uns Menschen von den Maschinen und Algorithmen? Die Emotion. Und diese müssen wir in der Führung nutzen.

Emotionale Intelligenz ist die Chance, den Wandel aktiv mitzugestalten. Wer sich dem verschließt führt nicht einmal mehr sich selbst.

 

*Emotionale Intelligenz ist ein von John D. Mayer (University of New Hampshire) und Peter Salovey (Yale University) im Jahr 1990 eingeführter Terminus. Er beschreibt die Fähigkeit, eigene und fremde Gefühle (korrekt) wahrzunehmen, zu verstehen und zu beeinflussen. Das Konzept der emotionalen Intelligenz beruht auf der Theorie der multiplen Intelligenzen von Howard Gardner, deren Kerngedanke bereits von Edward Lee Thorndike und David Wechsler als „soziale Intelligenz“ bezeichnet wurde. Diesen verdeutlichte Thorndike schon 1920 mit einem Beispiel, wonach der (fachlich) beste Mechaniker als Vorarbeiter scheitern wird, wenn es ihm an sozialer Intelligenz fehlt.[1] Das Thema „emotionale Intelligenz“ ist somit auch ein Beitrag zur Diskussion der Frage nach dem Erfolg im Leben und Beruf. Zu dessen Popularisierung hat insbesondere der US-amerikanische Psychologe und Wissenschaftsjournalist Daniel Goleman mit seinem Buch EQ. Emotionale Intelligenz (1995) beigetragen.